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Die Drachengarde von Frostfall


Es ist Nachmittag (Tag 71, 26. Maji, Sonnentag) und König Aro, Hauptmann Zeelar und die drei anderen Krieger sind zum Aufbruch bereit.

„Seid Ihr Euch sicher, dass Ihr uns begleiten wollt?“, fragt König Aro ein letztes Mal an Sarion gewandt, während er sich noch kurz etwas zu essen (eine Himmelsfrucht) in den Mund steckt und anschließend seinen goldverzierten Helm aufsetzt. 

 

Nachdem Sarion sich in sein Seelentier verwandelt hat, kann er es sich in einem Korb bequem machen, der von einem der Krieger wie ein Rucksack auf dem Rücken getragen wird. Seemann Norik, der gut in der Lederverarbeitung ist, hat diesen behelfsmäßigen Rucksack gebastelt. 

 

Der Flug beginnt und ihm wird nur deshalb nicht schwindlig, weil er als Trinali-Katze schon öfter durch die Lüfte geglitten ist, wenngleich ein solcher Flug mit nichts vergleichbar ist, was er bereits erlebt hat.

Immer höher steigen sie und lassen zunächst das Dorf und mit der Zeit auch die Insel Cranio hinter sich zurück. 

 

Der Flug über den Ozean ist unglaublich, wenngleich man in der Ferne zu ihrer linken weiterhin die Insel Cranio sehen kann. Am Horizont ist nichts weiter als Wasser zu sehen und Sarion ist beeindruckt von den starken Flügelschlägen der Himmlischen, die trotz ihrer Waffen und Rüstungen, wenngleich leicht gefertigt, keine Anzeichen von Müdigkeit zeigen. 

Als Kasija, die einsame Sonne, unter dem Horizont verschwindet und die Dunkelheit einbricht, fragt er sich, wie die Himmlischen jetzt noch die Orientierung behalten können, doch sie fliegen zielgerichtet weiter, denn es gibt hier oben in den Lüften keine Möglichkeiten für eine Rast. 

 

Durch das leichte auf und ab wippen in seinem Korb, die stetigen Flügelschläge der Himmlischen um ihn herum, und der Dunkelheit, die immer undurchdringlicher wird, sinkt er in einen tiefen Schlaf.

 

Nach einigen Stunden spürt er mehr, als dass er es hörst, wie ein kurzes Raunen durch die Himmlischen geht. Er richtet sich in seinem Korb auf und blinzelt in die Dunkelheit und durch die Wolken. 

Es dauert eine Weile, bis er sie tatsächlich erkennt: Eine Insel, riesengroß, bedeckt mit Bäumen, Bergen, Gras und Wasser, bestehend aus zusammenhaltender Erde und Gestein, die in der Luft vor ihnen schwebt. Sarion sieht sich um und fragt sich, wie er sie je übersehen konnte, doch dann erkennt er, dass sie zum einen enorm hoch geflogen, und zum anderen von einem Wolkenkokon umgeben sind. Das ungeübte Auge würde die Insel für eine große Wolke halten und einfach übersehen. 

 

Je näher sie der Insel kommen, desto beeindruckender wird sie und Sarion sieht nun auch, dass das, was er zunächst für den größten Berg der Insel hielt, ein Weltenbaum ist. Ein Baum, so breit und so hoch, dass es nichts vergleichbares auf Marath gibt. Diese Bäume waren Geschenke der Götter und bestehen seit tausenden von Jahren. Seine Wurzeln halten die Insel zusammen und sorgen für ihre Struktur und ihre Macht, sich in der Luft zu halten. 

 

Es dauert noch eine weitere Stunde, bis sie die ersten Lichter ausmachen können. Eine Großstadt, deren Mauern fast bis zum Rand der Insel reichen und deren beeindruckende Architektur so ganz anders ist, als alles, was es bei den Molix gibt. Die Häuser sind groß und hoch gebaut, eher wie breite Türme, vermutlich, damit die Engel im Innern herumfliegen können, anstatt Treppen zu steigen. Dächer sind oft offen oder mit groben Tüchern und Stoffen verhängt, die anscheinend wasserdicht sind, sich aber leicht entfernen oder zur Seite schieben lassen, damit man direkt durch das Dach fliegen kann. 

Es gibt Türen an erhöhten Stellen, Hängematten und große Segel-, Sprung- und Sichttücher, die überall zwischen die Häuser gespannt sind, um Schäden beim dagegen fliegen zu vermeiden, und kleine Vorsprünge an Wänden und Mauern, zu denen nur geflügelte Wesen gelangen können. Türen und Tore sind groß gebaut und behindern Flügelträger nicht, so wie es auf Marath oft der Fall ist. Die Straßen sind breiter und Himmlische fliegen auf mehreren Ebenen aneinander vorbei. Es scheint ein System zu geben, auf welcher Höhe in welche Richtung geflogen wird, denn obwohl es für Sarion nach reinem Chaos aussieht, gibt es keine Zusammenstöße.

 

Trotzdem sieht er auch Bekanntes: Die Straßen sind mit magischen Lichtern und Feuern beleuchtet, wie man sie auch aus der Zerrwelt kennt. Außerdem gibt es durchaus Leute, die zu Fuß unterwegs sind. Es gibt Händlerwägen, die sich ganz normal auf Rädern fortbewegen und von bekannten Tieren wie Rindern, Pferden oder in einem ungewöhnlichen Fall auch von einem schwarzen Caprinus gezogen werden. 

 

König Aro und seine Begleiter, die bis eben noch recht zielgerichtet auf die Stadt, vermutlich Zorino, zugeflogen waren, wenden sich nun etwas nach links, um nicht direkt in die Stadt zu fliegen, sondern daran vorbei. 

Sie fliegen eine Weile und erreichen nun den Rand der Insel, segeln darüber hinweg und halten sich links der Stadtmauer.
Sarion sieht, dass sie anders gebaut ist, als eine Befestigungsmauer bei den Molix: Während oben auf der Balustrade Bogen- und Armbrustschützen ihre Runden drehen und Wache halten, gibt es menschengroße, offene Nischen in der Wand, in der zusätzliche bewaffnete Geflügelte stehen und Wache halten. 

Er kann sehen, dass die gesamte himmlische Gesellschaft nicht für Flügellose geschaffen ist. 

 

Als sie bereits ein gutes Stück an der Stadtmauer entlang geflogen seid, hört er weiteres Flügelschlagen. Es klingt aber kräftiger als das normaler Himmlischer und schon kurze Zeit später kann er den Grund ausmachen. Ihnen kommen berittene, geflügelte Tiere entgegen. Die Reiter sind schwer gepanzert und bewaffnet. Sarion vermutet, dass sie mit dieser Last, wenn überhaupt, nur sehr kurze Distanzen fliegen könnten und deshalb auf ihre Reittiere angewiesen sind. 

 

Die drei Tiere sind ein [Pegasus], ein Greif und ein [Hippograif].  

Der vorderste Reiter auf dem Greif bedeutet ihnen, ihm zu folgen und als König Aro nickt, nehmen die drei sie in ihre Mitte und geleiten sie Richtung Boden. Dort angekommen steigt der Reiter des Greifen ab und nimmt seinen Helm ab. Seine hellblauen Augen stehen in Kontrast zu seinen dunkelgrauen Flügeln. 

Sarion kann außerdem sehen, dass seine Flügel ebenfalls teilweise mit einer metallenen Rüstung überzogen sind, die sich klirrend an seine Flügel anpasst, wenn er sie bewegt. 

 

„Kirian Flügelkinge mein Name. Ich bin der Dunkeltag-Hauptmann von Zorino“, stellt er sich vor und führt eine Faust an die Stirn, was offenbar eine Begrüßung unter den Luxari ist, denn die anderen imitieren ihn und auch Sarions Begleiter tun es ihnen nach. 

„Was führt Euch zu uns? Ihr scheint keine einfachen Reisenden zu sein, denn Ihr seid gut bewaffnet und Ihr tragt das Wappen des Königs. Doch ihr seid zu wenige, um eine offizielle Delegation zu sein. Wer seid Ihr also und was wollt Ihr in Zorino?“

 

Hauptmann Zeelar tritt vor und nimmt ebenfalls seinen Helm ab.

„Wir sind nicht auf dem Weg in die Stadt, es gibt also keinen Grund, sich unseretwegen Sorgen zu machen. Wir möchten nur vorbeifliegen und keinen Ärger machen.“

Nicht nur Sarion, auch Kirian scheint aufzufallen, dass Zeelar weder seine Frage beantwortet, noch sich selbst vorgestellt hat, aber er geht nicht darauf ein. 

„Nun, wenn Ihr die Stadt nicht betreten wollt, gibt es keinen Grund, Euch aufzuhalten. Solltet Ihr doch in die Stadt wollen, werden wir uns wiedersehen“, prophezeit er ernst und zieht seinen Helm wieder auf.

Er steigt auf seinen Greifen und die drei führen erneut eine Faust an ihre Stirn, bevor sie davonfliegen. 

 

„Wir sollten etwas unauffälliger zum Treffpunkt fliegen“, meint Zeelar an Aro gewandt, doch der winkt ab. „Wenn wir jetzt um Unauffälligkeit bemüht sind, werden sie nur argwöhnisch.“

So erheben sich alle wieder in die Luft und fliegen weiter. Es dauert erstaunlich lange, bis die Stadtmauer von Zorino endlich endet und sie die Stadt hinter sich zurücklassen. Sie halten sich weiter links, nun eher Richtung Norden und fliegen über einen großen Wald hinweg. 

 

Als ein Himmlischer ein Licht im Wald ausmachen kann, das in unregelmäßigen Abständen blinkt, steuern sie darauf zu und sie erreichen nach kurzer Zeit eine kleine Lichtung, auf der drei Himmlische stehen. Die drei Frauen sind alle gerüstet und bewaffnet, aber lange nicht so stark, wie die Wachen der Stadt. 

Die mittlere scheint Kassaria Rabenschwinge zu sein, die Herrin von Zorino. Ihre hellblonden Haare leuchten beinahe im Schein ihrer Laternen und ihre hellgrünen Augen blitzen, als sie sie anlächelt. 

Ihre nachtschwarzen Flügel sind in der Dunkelheit kaum zu sehen. 

 

König Aro und Kassaria umarmen sich kurz, während alle anderen Beteiligten den Faustgruß an der Stirn ausführen.

„Schön, dass Ihr es geschafft habt“, sagt Kassaria und mustert kurz die Wachen, die Aro mitgebracht hat. 

Kassaria erklärt, dass Arax sie kontaktiert hat. Er und ein paar Auserwählte seines Ordens haben die Aufgabe erhalten, die östliche Seite von Marath zu schützen und da Asmeron bereits ausreichend geschützt ist, wurde ihnen die Aufgabe zuteil, sich um den Nordosten zu kümmern. Da es dort allerdings nur Cranio oder ihre Insel gibt, müssen sie entscheiden, wo der Stützpunkt und Außenposten hinsoll. 

Auf einer fliegenden Insel sind sie zwar sicherer, aber auch abgeschnitten und können nicht den Boden immer im Blick behalten. Außerdem sind im Orden alle Rassen willkommen, während auf den fliegenden Inseln nur Himmlische leben dürfen. 

Kassaria erinnert sich aber noch an den alten Pakt, dass auf Cranio neutrales Gebiet sein sollte und deshalb kein Volk darauf Anspruch erheben sollte. 

 

Aro stellt nun Sarion vor, der sich vorstellt und seine Absichten erklärt. Er erhält daraufhin von Kassaria und Aro den Auftrag, auch die Dämonen offiziell (die Königsfamilie Karilas von Elevor) um das Stadtrecht zu bitten, damit Frostfall offizielles Stadtrecht von den Filani und den Molix erhält. 

 

Erst nach ein bisschen Reden, führt Kassaria Aro und Sarion zu Arax. Die anderen bleiben zurück.

Dort treffen sie Aros Bruder Arax, der ein Mitglied der Drachengarde ist und somit ein Drachenreiter. 

Während sich die anderen Mitglieder der Garde vorstellen, berührt Sarion neugierig eine magische Schutzkuppel, unter der Dracheneier liegen und wird daraufhin von der Kuppel festgehalten. Aus einem violetten Ei schlüpft ein weiblicher, roter Luftdrache, dem Sarion den Namen Lumiel Schattentochter gibt, weil ihr Vater ein schwarzer Luftdrache war. 

 

Die Garde beschließt sich Frostfall anzuschließen und den Außenposten der Drachengarde nach Cranio zu verlegen. 


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