Vanya Fændriks


Vanya Fændriks Leben war so durchzogen wie das Stück Fleisch, das vor ihr auf dem Teller lag.

Immerhin hatte sie Fleisch oder überhaupt etwas auf dem Teller liegen. Es gab weiss Gott genügend Kinder die Hunger litten. Oder die nicht mal ein Dach über dem Kopf hatten, geschweige denn ein gläsernes Kuppeldach über dem Esssaal.

Ein Saal verziert mit Gemälden, Statuen und Pflanzen für die sich irgendwelche Eiferer immer mal wieder interessierten. Vanya warf kurze Kontrollblicke zu ihrem Onkel Ganondorf, ihrer Tante Zelda und ihrer Cousine Mathilda, alle am Essen, schweigend, wie immer.

Dann beäugte sie misstrauisch die Hauskatze Gundula, die Katze wiederum beäugte das Fleisch, das vor Vanya auf dem Teller lag und der Kreis schloss sich. Vanya ass es lustlos, wie alles unter der drückenden Tischatmosphäre der Ritzlis.

Sie hätte viel lieber ein einfaches Käsebrot alleine in der Schulwerkstatt verputzt und dann weiter an ihren wahren Gefährten, Gefährtschaften oder eher Gerätschaften herumgeschraubt.

Da fand ihr wahres Leben statt, fernab von diesem gefährlichen Sumpf der Familie hiess. Wenn sie etwas konstruierte und baute, blendete sie ihre Umwelt komplett aus, ihr Fokus lag in der Regel zwischen ihren Händen, oder den Zangen, Hämmer, Sägen, Scheren usw. die in ihren Händen waren, während sie Metalle, Hölzer und Stoffe nach ihrem Willen bearbeitete, bis es gut genug für ihre Ansprüche war.

Sie musste sich schliesslich auch bearbeiten lassen, bis sie den Ansprüchen der anderen genügte. Wenn auch sie sich oft genug dagegen wehrte und sich aber natürlich jedes Mal kolossale Strafen einhandelte.

 

Wenn doch bloss ihre Eltern noch Leben würden, ihr Vater hatte in seiner Jugend genug von diesem Mist erlebt und war darum mit ihrer Mutter, notabene eine Dämonin, durchgebrannt. Doch vor 10 Jahren verschwanden sie vom einen Tag auf den anderen und die vier jährige Vanya war auf einmal alleine in diesem Eltern verlassenen Marath.

Wenn das noch nicht schlimm genug war, so war es dann definitiv die Entscheidung, dass sie zusammen mit ihrer Cousine bei Onkel und Tante aufwachsen musste, zu denen sie keinerlei Kontakt gepflegt hatten. Aus gutem Grund, wie Vanya seither wusste.

Die Ritzlis waren vermeintlich ein Teil der Loxaner Oberschicht, so sahen sie sich zumindest. Denn der Reichtum, den sie erlangt hatten, beruhte, wie so oft, auf dem Ausbeuten von Schwächeren. Nicht dass sie das selbst öffentlich tun würden, aber es waren Mitläufer, wohlverdienende Mitläufer bei einer Sekte aus Mechanik-Puristen.

Nur Technik ohne Magie war wahre Technik! Daher war schon mal alles was spitze Ohren hatte in höchstem Grade zu bemitleiden und im mindesten zu entfernen oder in einer Sekten-eigenen Fabrik als niedere Arbeitskraft schuften zu lassen.

 

Leider profitierte auch Vanya von diesem Reichtum in Form vom Fleisch, das auf ihrem Teller lag, den weitergegebenen Kleidern von Mathilda oder dass sie auf die öffentliche Schule gehen durfte. Hingegen das war etwas vom Besten, das ihr passieren konnte. Die öffentliche Schule für den Pöbel und die Arbeiterkinder fernab der Oberschicht und dem Freundinnenkreis ihrer Cousine. In der Schule konnte sie aufatmen und Dampf ablassen, endlich so sein, wie sie wollte, Hals über Kopf in Maschinen eingeklemmt, schmutzig wie die alte Dampfpumpe selbst, aber mit einem Grinsen vom einen Ohr zum anderen.

 

Apropos schmutzig, das war ja was, als sie das erste Mal nach Hause gekommen war! Wenn auch das Kleidchen von Mathilda weiteregegeben wurde, so war es im Vergleich zu den Kleidern ihrer Mitschüler doch eher pompös, weshalb sie tunlichst darauf achtete, dass sie im mindesten so schmutzig war wie die anderen Kinder und dadurch nicht mehr so hervorstach und tiptop als Arbeiterkind durchging. Zu Hause hingegen durfte sie so keinen Fuss über die Schwelle setzen, weshalb sie jeweils den Hintereingang benutzte und nun ja, man gewöhnt sich daran erst mal eine kalte Dusche in der Waschküche zu nehmen und sich mit Kernseife sauber zu schrubben, bevor man sich der Familie zeigte.

 

Die Haushälterin, Gott möge ihrer Seele gnädig sein, hatte Vanya dann mal einfache geflickte Hosen, ein verwaschenes Hemdchen und eine 1A Ballonmütze wie sie die Arbeiter trugen mitgebracht, dass sie sich in der Waschküche vor der Schule umziehen konnte.

Damit passte sie bei den anderen Kindern noch besser ins Bild, kam immer noch schmutzig nach Hause, aber immerhin war es nicht zu schade das Zeug ordentlich zu waschen.

Im Gegensatz zu Mathildas Kleidchen, die nach dem ersten Waschen aussahen, als ob sie Bekanntschaft mit einer Kurbelwelle gemacht hätten. Vanya lernte, dass solche schönen Kleider nicht zum Waschen da waren, die wurden erst rausgehängt und dann frisch parfümiert und fertig.

 

Nach der Grundschule war dann die Frage für Onkel Ganondorf: Wie weiter mit der halbdämonischen Nichte? Eigentlich lief das gar nicht so schlecht, Vanya tauchte in der Oberschicht so gut wie nicht auf und gleichzeitig hielt er ein altes Versprechen seinem Bruder gegenüber, im Falle eines Falles auf seine Kinder aufpassen.

 

Die Technikerschule war nicht gerade öffentlich, aber es war dennoch verhältnismässig einfach Vanya da unterzubringen. Und selbst Ganondorf war ganz zufrieden mit sich, als sich Vanya sogar aufrichtig freute auf die Technikerschule und das zugehörige Internat zu gehen. Daraufhin schenkte er Vanya den alten Werkzeuggürtel seines Vaters, der Schiffszimmermann gewesen war, was zwischen ihnen einiges gerade rückte und seither Vanyas grösster Schatz war.

 

Auf der Technikerschule blühte Vanyas Technikherz auf, doch es war nicht mehr die Grundschule, die Kinder waren nicht mehr Arbeiterkinder oder wenn dann nur noch von den reicheren Arbeitern. Ihre Klassenkameraden gaben etwas auf Status, es gab eine Hack-Ordnung, in der man möglichst weit oben sein wollte. Und auf einmal kam der schmutzig, ölige Look nicht mehr so gut an, man war ja kein Arbeiter der unter der Maschine im Dreck lag, sondern Zeichner, an einem Pult mit Papier und Federn.

 

Vanya mochte eigentlich die Zeichnungsarbeit auch, aber sie musste sich abgrenzen von den anderen, keinesfalls wollte sie den Idealen (die dieselben waren, wie die ihrer Cousine) folgen, denen die anderen nacheiferten. Sie war stolz auf ihren Schmutz und auf bodenständige hemdsärmelige Arbeit.

So hätten es auch ihre Eltern von ihr erwartet. Und so sank sie immer tiefer in der Hackordnung, bis sie sich lieber ihren Maschinen zuwandte als mit den anderen zu wetteifern. Durch diese Abgrenzung wurde sie etwas einsam und frustriert, wieso konnte das Leben nicht so wie in der Grundschule weitergehen. Wer wollte schon so sein wie die Erwachsenen, wie ihr Onkel oder ihre Tante, nie im Leben! Dann noch eher wie ihre Haushälterin, Gott möge ihrer Seele gnädig sein.

 

Schliesslich wurde sie das erste Mal Opfer von Streichen, erst waren es keine bösen, doch mit der Zeit wurden die Anschläge immer schlimmer und irgendwann herrschte Krieg, Krieg um die Vorherrschaft im Klassenzimmer.

Vanya versuchte immer den Schlimmsten aus dem Weg zu gehen und wenn es ihr nicht gelang, so versuchte sie selbst sich den anderen gegenüber so arrogant und überheblich wie möglich zu benehmen. Schliesslich hatte sie das jahrelang von ihrer Cousine vorgelebt bekommen. Wahre Pubertiere!

 

 

Ah, die liebe Pubertät, während andere Mädchen aus der Klasse bereits mit 12 erste Rundungen bekamen, so war Vanya auch mit 14 immer noch flach wie ein Brett. Die anderen bebrüsteteren Mädchen fanden das äusserst amüsant und bezeichneten sie gerne als den elften Jungen in der Klasse. Auch hier versuchte sich Vanya nichts anmerken zu lassen, diesen Spott und Hohn abperlen lassen an ihrer soliden Verteidigung, doch im Inneren war Vanya ein verunsichertes und harmoniebedürftiges Mädchen.

In ihrer Kindheit war Vanya gut mit einem Jungen namens Ruben befreundet, doch als sie auf die Technikerschule kam, sah sie ihn immer seltener...


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Disclaimer: Die kleinen Charakter-Portraitbilder sind mit der kostenpflichtigen Software RPG Maker MV erstellt. 

Alle weiteren Bilder auf dieser Homepage wurden von der Künstlerin Tiebex Silver gemalt, die alle Rechte daran trägt.

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